Wandlungsphase Metall

Metall ist eine der fünf Wandlungsphasen der Fünf-Elemente-Lehre (Wu Xing), die die Gesetzmäßigkeiten von Naturphänomenen beschreibt. Zur praktischen Anwendung kommt diese Theorie z. B. in der Akupunktur.

Wandlungsphase Metall | Merdidiane | Pulsqualität

Metall als Element in der chinesischen Naturphilosophie wird hier beschrieben als eine Qualität, die sich nachgiebig einer Gussform anpassen kann (nämlich als geschmolzenes Metall) und dann hart und damit nützlich wird. Die Veränderbarkeit bzw. der Wandel zwischen fest und flüssig entspricht dem Metall, macht ihren Nutzen aus. Lorenzen 1994, 21, 205-219

Im lebenslangen Wandlungsprozess des Menschen bedeutet dies, dass das Metall uns in die Lage versetzt zu lernen. Erfahrungen nicht nur über das Begreifen, Analysieren, die Ratio[, …] sondern im Metall auch und vor allem für uns zu verwerten, für uns etwas herauszuholen aus unserer Umwelt. Lorenzen 1994, 21, 205-219

Im Metall bewahrt der Mensch diese Beziehung, er holt sich die Kraft aus der Abgrenzung, aus der Existenz dieser Grenzen. Es lebt von dem Setzen und dem Verlassen der eigenen Identität. Lorenzen 1994, 21, 205-219

Das Metall gibt uns durch die Fähigkeit des Abgrenzens und des Ausscheidens die Übersichtlichkeit und Ordnung, die Orientierung und Sicherheit verleiht. Lorenzen 1994, 21, 205-219

Wie der Bauer, der im Herbst die Früchte seiner Arbeit sortiert und nur das Gute, Nützliche in die Scheune bringt, das andere draußen auf dem Feld lässt. Wenn dies nicht geschehen kann bei einer Schwäche des Metall, so ist man blockiert in seinen Fähigkeiten zu Lernen, Erfahrungen zu machen, sich mit der Umwelt auseinanderzusetzen und sich weiterzuentwickeln in dieser Auseinandersetzung. Lorenzen 1994, 21, 205-219

So wie der Herbst die reifen Früchte des Spätsommers übernimmt und in die Speicher des Winters bringt, so erhält die Wandlungsphase Metall von der Erde das Gereifte, Aufgearbeitet, aber auch das Unbrauchbare, was es auszusortieren und zu verwerfen gilt. Die Schätze des Lebens hingegen werden in die Speicher unseres Selbstverständnisses, unserer Identität und somit der Wandlungsphase Wasser verbracht und dienen dem Menschen als Grundlage seiner weiteren Existenz, seines weiteren Lebens, wie es dann die Wandlungsphase Holz entfaltet. Lorenzen 1994,21, 205-219

Diese Bändigung und Bahnung erhält das Holz durch das Metall. Nur durch ein ständiges harmonisches Zusammenspiel zwischen diesen beiden Aspekten der Entfaltung und Sammlung, zwischen Chaos und Ordnung, zwischen kreativem Agieren und Re-Agieren kann sich eine wirkliche schöpferische Kraft, kann sich aber auch das Leben an sich entwickeln. Lorenzen 1994, 217

Meridiane und Pulsqualität

Der Wandlungsphase Metall sind zwei Meridiane zugeordnet: Dickdarm (Di) und Lunge (Lu). Nachfolgend einige Zitate.

Funktionskreis Dickdarm (Dickdarmmeridian)

Der Dickdarm ist verantwortlich für den freien Durchgang. Veränderung und Wandel gehen von ihm aus! Huangdi Neijing Suwen, Kap. 8

Was für ein gewaltiges Amt für den Dickdarm! Die Lehre des rechten Weges verkündend, bringt der große Darm den Restmüll seinen Weg entlang. Das Durchlassen und Eliminieren von Abfall vollzieht sich nicht nur im stofflichen Bereich, Emotionen, Gedanken, Beziehungen sind ebenfalls im Wandel und müssen ihren natürlichen Weg gehen. Auch sie müssen entsorgt werden, wenn sie für uns wertlos geworden sind. Lorenzen 1994, 47-49, 332

Erst wenn der Mensch die auf ihn wirkenden Einflüsse richtig verdaut und die für ihn unbrauchbaren Teile ausgeschieden hat, kann Veränderung und Wandel stattfinden! Diese Funktion des Dickdarms ist im Binom Bian Hua ausgedrückt:
Bian: bezeichnet eine Veränderung entlang einer Linie, also eine räumliche Bewegung, während sich ein Gegenstand quantitativ verändert[. …]
Hua: ist eine Veränderung, die eine Qualitative Umwandlung zur Folge hat[. …] Das nunmehr Wertlose wird über das Rektum ausgeschieden und verliert seine Beziehung zum Organismus. Lorenzen 1994, 47-49, 332

Als Yang-Aspekt im Metall hat der Dickdarm auch etwas mit unserer väterlichen Energie zu tun, mit Autorität und Würde, mit Ehre und Schande. Die Vermittlung dieser Werte ist eng verbunden mit männlichen Vorbildern und Vaterfiguren. Wieder ist es qian = das Schöpferische, das uns in den Trigrammen des Yi Jing als väterliche Energie begegnet. Lorenzen 1994, 47-49, 332

Ebenso wie Lunge und Haut bildet der Dickdarm als Metall-Funktionskreis die Grenzfläche zwischen Innen und Außen. Auch er ist Ort der Auseinandersetzung mit von außen eindringenden pathogenen Faktoren jedweder Art. Lorenzen 1994, 47-49, 332

Das Huangdi Neijing beschreibt den Dickdarm als den Offizier, der für die Drainage zuständig und für den Transport und die Umwandlung der Körperreste verantwortlich ist. Der Dickdarm ist der Sammler all dessen, was unbrauchbar ist, und wenn er diese Abfälle gesammelt hat, lässt er sie los und schickt sie aus dem Körper hinaus, damit sie wieder zu Erde kompostieren. […] Wenn man den Abfall nicht loslässt, gibt es keinen Dünger, den man für neues Wachstum jedoch braucht. Wenn wir in alten Überzeugungen gefangen sind, hilft uns dieser Meridian, loszulassen, damit wir neue Möglichkeiten sehen und voranschreiten können. Kaatz 2005, 415

Funktionskreis Lunge (Lungenmeridian)

Die Lunge ist unser größtes Kontaktorgan (Hautoberfläche: 1,5 bis 2 m² vs. Oberfläche der Lungenbläschen: 80-120 m²), über das wir beständig mit unserer Umwelt kommunizieren. Unsere Lunge bildet eine Grenze zwischen uns und unserer Umwelt. Mit jedem Atemzug öffnen wir diese Grenzen, um nicht-Selbst in uns aufzunehmen, und mit jedem Ausatmen geben wir Selbst an Umwelt ab. Unser Atmen ist die praktische Umsetzung des im Trigramm Dui: verkörperten Prinzips: Aufnehmen und Abgeben.

Die Lunge hat das Amt eines Staatsministers und Kanzlers. Ein geordneter Rhythmus geht von ihr aus. Huangdi Neijing Suwen, Kap. 8

Es ist die Lunge, die das Qi des Himmels empfängt und rhythmisch seine Impulse im Körper verteilt. Lorenzen 1994, 24

Die Lunge ist der Ort des Austausches überhaupt. Die klare Energie des Himmels Qing Qi wird hier aufgenommen und die trübe Energie des Menschen Zhuo Qi ausgeschieden. Das geschieht vermittels einer rhythmischen Atembewegung. Lorenzen 1994, 37

Ganz anders dagegen die Bewegung des Öffnens der Lunge beispielsweise, des Metalls: die Nase öffnet sich nach innen, lässt Empfindungen wahrnehmen, feinstoffliche Impulse, die häufig genug unser tiefstes Innerstes berühren. Lorenzen 1994, 217

Wie die Lunge ist das Leben durch Aufnahme und Abgabe bestimmt. Unnützes wird abgegeben, Wertvolles behalten[, …] funktioniert nur weil es eine […] Begrenzung gibt.
Diese Grenze – der Moment des Wechsels – birgt in sich die größte Kraft, das größte Potential. Und so ist auch jede Wahrnehmung der Grenzen, der Ablösung und Trennung und sein Erleben als Krise ein großes Potential für die Entwicklung des Menschen. Wenn er eben durch ein ausgewogenes Metall in der Lage ist daraus Erkenntnisse und Erfahrungen zu schöpfen und somit sein Wasser zu mehren. Lorenzen 1994, 221

Für das Tun Wei (zum Regieren) braucht der Herz-Kaiser jedoch den ausführenden Lungen-Minister. Das Herz kontrolliert die Lunge im Ke-Zyklus, beide Funktionen sind also eng miteinander verknüpft. Beide Organe befinden sich an privilegierter Stelle im Körper, im himmlischen Bereich des oberen Erwärmers. Die Lunge beherrscht das Qi, das Herz beherrscht das Blut, das Qi folgt dem Blut wie ein Schatten der Gestalt. Lorenzen 1994, 39

Die Lunge ist zuständig für das Verteilen und hinabsteigen. Lorenzen 1994, 286

Von der Lunge sagt man, sie sei die Empfängerin des himmlischen Qi,  der Inspiration des Himmels. […] Beim Einatmen werden wir von dieser Lebensenergie durchdrungen. Diese inspiriert jeden Atemzug und gibt unserem Leben Führung. […] Wenn das Leben von dieser pulsierenden Energie erfüllt ist, dann werden wir von dem, was um uns herum ist, inspiriert und sind in der Lage, tiefe Weisheit in uns selbst zu spüren. Unser Leben kann dann vom unendlichen Tao selbst geleitet werden. Kaatz 2005, 401

Pulsqualität Metall

Zur Wandlungsphase Metall gehört als Pulsqualität Fu Mai, der haarige Puls: oberflächlich, verspätet, kurz.

Der Fu Mai ist ein Yang-Puls. Er ist ein Puls, der sich beim Heben (des Fingers) stark anfühlt, aber schwach wird, wenn man kräftig drückt. Er ist gleichmäßig und bewegt sich sanft wie eine leichte Brise, welche die Rückenfedern eines Vogels anhebt. Äußerst leicht und oberflächlich wie der Same einer Ulme oder wie ein Stück Holz an der Wasseroberfläche. Also ob man eine Zwiebelhaut zwischen den Fingern rollt. Seiner Natur nach erscheint der Fu Mai schwach, aber er ist deutlich zu fühlen und oberflächlich. Bin Hu, zitiert nach Lorenzen 1994, 155-156

Im Herbst ist der Puls haarförmig (Mao Mai) weil dies der Lunge, der westlichen Region und der Wandlungsphase Metall entspricht. Es ist die Zeit, in der alles zu einem Ende kommt. Alle Blüten und Blätter der Pflanzen und Bäume fallen im Herbst herab. Nur die Zweige bleiben übrig. Sie ähneln feinem Haar. Deshalb ist der Puls (im Herbst) kraftlos, leicht und oberflächlich. Man nennt ihn Mao (Mai). Nan Jing Kap. 15, zitiert nach Lorenzen 1994, 155-156

Quellenverzeichnis
Kaatz, Debra. 2005. Characters of Wisdom: Taoist Tales of the Acupuncture Points. The Petite Bergerie Press.
Lorenzen, Udo. 1994. Die Wandlungsphasen Der Traditionellen Chinesischen Medizin: Metall. 2 Metall. München: Müller & Steinicke.