Zhen, der Donner

Wofür steht Zhen?

Zhen steht für eine Entscheidung, die tief aus unserem eigenen Inneren kommt. Vielleicht eine einsame Entscheidung, nach einer langen Phase des Nachdenkens und Abwägens. Vielleicht eine Entscheidung, die plötzlich und unvermutet im Raum stand, ohne dass wir sie so erwartet hätten. Aber sie ist da, und es ist eine Entscheidung, die unserem eigenen Wesen entspricht. Eine wichtige Entscheidung. Eine Entscheidung, die mit uns in Resonanz ist, von uns selbst und für uns selbst.

Eine unumkehrbare Entscheidung

In der TCM Literatur wird Zhen wie das Aufbrechen einer Knospe im Frühling beschrieben: Ein plötzliches, überraschendes Geschehen. Eine Umwälzung. Als ob ein Schalter mutig und entschieden umgelegt worden wäre. Etwas ist passiert und das, was da geschehen ist, ist nicht mehr umkehrbar. Es gibt kein Zurück. Die Blüte kann unmöglich in die Knospenhülle, ihre ehemalige Schutzhülle, zurückkehren. Mit der Entscheidung, die wir in Zhen getroffen haben, wurde eine grundsätzliche Veränderung vollzogen. Und damit ist der wichtigste Teil der Arbeit getan.

Wachstum geschieht unsichtbar

Wie geht aber nun weiter? Ich habe Ja! zu mir selbst gesagt und mich auf dem Weg zu mir gemacht. Was steht jetzt noch an, welche Schritte müssen folgen?

Erinnern wir uns an dieser Stelle ans Gärtnern: Wenn wir einen Samen in die Erde gepflanzt haben, die Stelle gegossen und den Pflanzkübel an einen warmen, sonnigen Ort gestellt haben, sollten wir ihn ruhen lassen. Es wäre äußerst kontraproduktiv, jeden Tag die Pflanzerde zu durchgraben, um den Samen zu kontrollieren, um zu sehen, ob er endlich keimt und anfängt zu wachsen. Schlimmstenfalls zerstören wir mit unserer Ungeduld die Pflanzung.

Dementsprechend ist es klüger, die Dinge ab hier vertrauensvoll geschehen zu lassen. Denn wir haben unsere Arbeit – den Samen zu pflanzen, die Entscheidung zu treffen – ja getan. Wenn wir uns das Zeichen Zhen genau ansehen, dann sehen wir auch, dass der Yang-Linie an der Wurzel (unterste Linie des Zeichens) zwei Yin-Linien folgen, die auf Empfänglichkeit verweisen, auf das vertrauensvolle geschehen-lassen.

Diese Geduld aufzubringen, ist manchmal schwer, zweifellos. Oft ist es sogar eine regelrechte Prüfung. Was uns helfen kann, ist, uns die Klarheit unserer eigenen Entscheidung zu vergegenwärtigen. Und uns in ihr zu verankern.

In den Klassikern der Traditionellen Chinesischen Medizin wird Zhen mit dem Funktionskreis Gallenblase (Gb) assoziiert (siehe Reihenfolge des späteren Himmels). Entsprechenden Zitate sind hier zu finden: Wandlungsphase Holz: Gallenblase

Dem Weg der Wandlungen folgen:

Im Modell Dem Weg der Wandlungen folgen gehört Zhen zu den dynamischen Wegmarken. Bei Zhen nimmt die Bewegung nun eine klare, entschiedene Richtung an und gibt dem, was aus unserem Inneren kommt, vertrauensvoll Raum zum Wachstum.

Fragen im Sinne einer Selbsterkundung könnten folgendermaßen lauten:

  • Spüre ich, dass da etwas in Bewegung kommt, aus mir selbst heraus? Was ist es, wie fühlt sich diese Bewegung an? Wie würde ich es beschreiben?
  • Kann ich spüren, in welche Richtung sich das Ganze bewegt? Habe ich eine Ahnung wo die Reise hingeht?
  • Wie würde ich beschreiben, was vorher war, vor der neuen Bewegung? Wo komme ich her? Was lasse ich zurück?
  • Wie fühlt sich das an, wo ich hinwill?

Woraus entwickelt sich Zhen?

Innerhalb eines Hexagramms entwickelt sich Zhen entweder aus Kan oder aus Dui (Ausnahme: das Hexagramm beginnt mit Zhen / Zhen ist unteres Trigramm). Dunkle Pfeile deuten an, dass oben eine (durchbrochene) Yin-Linie hinzugefügt wird, die für sich allein genommen Empfänglichkeit symbolisiert. Die klare Entscheidung, die in Zhen sichtbar wird, entsteht aus einem Prozess der inneren bzw. äußeren Öffnung heraus.

Zhen entwickelt sich aus Dui, dem See

Dui, der See, bedeutet, sich dem Außen zu öffnen, Neues hereinzulassen sich von der Welt berühren zu lassen. Das bleibt dies nicht ohne Folgen: ein Keim wird gelegt, etwas in uns beginnt in Resonanz mit der Umwelt zu schwingen. Diese Resonanz verdichtet sich, wird zur Antwort, zur Entscheidung /Zhen) und schließlich in entschlossener Handlung für alle sichtbar.

Beispiele für Hexagramme, bei denen sich Zhen aus Dui entwickelt, finden Sie → hier.

Zhen entwickelt sich aus Kan, dem Wasser

Wenn wir auf unser eigenes Bauchgefühl (Kan, das Wasser) vertrauen, für die Impulse empfänglich sind, die aus diesem Urgrund zu uns dringen, entsteht der Urkeim einer neuen Handlung, der erste Schritt in eine neue Richtung.

Beispiele für Hexagramme, bei denen sich Zhen aus Kan heraus entwickelt, finden Sie → hier.

… übrigens: Thunder [=Zhen, der Donner] only happens when its raining [Kan, das Wasser]… singt Stevie Nicks in Dreams….

Wohin entwickelt sich Zhen?

Innerhalb eines Trigramms entwickelt sich Zhen entweder zu Kun oder zu Gen (Ausnahme: das Hexagramm endet mit Zhen / Zhen ist oberes Trigramm).

Zhen entwickelt sich zu Kun, der Erde

Der dunkle Pfeil deutet an, dass oben eine (durchbrochene) Yin-Linie hinzugefügt wird, die für sich allein genommen Empfänglichkeit symbolisiert. Die klare Entscheidung, die in Zhen sichtbar wird, fällt auf unstrukturiertes Potential (Kun, die Erde): fruchtbaren Grund, aus dem alles erwachsen kann.

Beispiele für Hexagramme, bei denen sich Zhen zu Kun entwickelt, finden Sie → hier.

Zhen entwickelt sich zu Gen, dem Berg

Der rote Pfeil deutet an, dass oben eine (durchgezogene) Yang-Linie hinzugefügt wird. Yang steht für Tatkraft, für Aktivität. Aus der anfänglichen Entscheidung (Zhen) entsteht Loslassen und Auflösen (Gen, der Berg), das Alte wird transformiert. Dieses Transformation kann abrupt geschehen, sie vollzieht sich oft aber auch fließend. Die alte Struktur existiert dann zunächst noch weiter und löst sich erst im Lauf der Zeit langsam auf, während die neue Struktur bereits wächst und dabei das Alte integriert.

Beispiele für Hexagramme, bei denen sich Zhen zu Gen entwickelt, finden Sie → hier.