Das I Ging ist ein ebenso komplexes wie einfaches philosophisches System, das den immanenten Wandel der Welt beschreibt und ihn zum Grundprinzip des Universums erklärt (vgl. Govinda 1983). Uns Menschen bleibt da nur, uns diesen Bewegungen unterzuordnen, uns anzupassen, uns in Einklang mit der uns umgebenden Welt zu bringen.
Es geht also gar nicht nicht darum, dass wir uns die Welt Untertan zu machen. Viel sinnvoller ist es, fast nichts zu tun und nur dort Veränderungen vorzunehmen, wo wir es können: in unserem eigenen Bewusstsein.
Die Hexagramme des I Ging zeigen uns diese möglichen Entwicklungswege des Inneren. Folgt man dem Interpretationsmodell, lassen sich die Lösungsschritte in der Abfolge der einzelnen Trigramme und Kernzeichen ablesen.
Seit ich anfing, mich intensiver mit der Entschlüsselung der Hexagramme zu beschäftigen, war eine der wichtigsten Quellen, die mir den Weg wiesen, jenes Zitat von Wang Bi, in dem er über die Fischreuse spricht. Er sagt:
Die Bilder gehen aus den Ideen hervor… Die Bilder sind die Reuse für die Ideen… Hat man sie [die Ideen] gefasst, so vergisst man die Reuse [die Bilder]. Wang Bi (nach Zimmermann 2007, 64 und Anmerkung 14)
Auch die Hexagramme des I Ging vermitteln Ideen, Vorstellungen davon, wie man mit einer Situation idealerweise umgeht, ähnlich einem Rezept. Diese Ideen, die die Hexagramme vermitteln, sind abstrakt, doch man kann sie mit Worten beschreiben, sie in eine Anleitung umwandeln. Aber, ähnlich wie bei einem Kochrezept: Um wie viel ansprechender und nachvollziehbarer wird ein Rezept, wenn es bebildert ist!
Die Bilder, die die Idee illustrieren, sollten auf jeden Fall aus der Idee selbst heraus geboren sein. Denn auch ein Rezept, das zwar dekorativ bebildert ist, bei dem aber keines der Bilder irgendetwas mit dem zu kochenden Gericht zu tun hat, ist verwirrend. Bilder sollten die Idee illustrieren und dem Betrachter so den Zugang zum abstrakten Ideengehalt der Anleitung erleichtern. Und wenn dieser Betrachter dann irgendwann so weit ist, dass er die Ideen erfasst hat, dann braucht er die Bilder nicht mehr.
All das vorausgeschickt fing ich 2013 an, mich auf no2DO mit Piktogrammen zu beschäftigen. Mein Ziel war es, den Sinngehalt und die Energie der Trigramme, den Kernelementen der Hexagramme, auf eine einprägsame und intuitive Weise zu symbolisieren. Idealerweise sollte man die Dynamik eines Hexagramms – also das Zusammenspiel der enthaltenen Energien – auf einen Blick erkennen können, ohne jedes Mal die Namen der Trigramme nachschlagen oder ihre Bedeutungen auswendig lernen zu müssen.
Idealerweise machen Piktogramme etwas sichtbar, was zuvor nur als abstrakte Idee existierte. Sie verdichten viele erklärende Worte in ein einziges, kraftvolles Bild. Und durch dieses Bild wird es leichter, die zugrunde liegende Idee zu erfassen, und zwar ohne dass man sich der vielen beschreibenden Worte erinnern müsste.
Die Symbole, die ich 2013 für die acht Trigramme ausgewählt habe und die in meinem Empfinden die Ideen hinter den Trigrammen bebildern (und die im I Ging Kurs detailliert beschrieben sind), entspringen meiner künstlerischen Intuition. Meine Wahl fiel damals auf den Bogenschützen, den keimenden Sämling, den Phoenix, die Gärtnerin, das Mädchen, das Tauben füttert, den Vogel-Reiter, den Meditierenden und einen, der einen Abgrund überschreitet – und meine Wahl blieb seither dabei. Auch bei der Überarbeitung der Piktogramme im Jahr 2024, die ich gemeinsam mit einer talentierten Designerin vorgenommen habe, blieb diese ursprüngliche Symbolik erhalten. Wir haben die Piktogramme visuell neu gestaltet, aber die Essenz, die diese Symbole seit 2013 tragen, bewusst beibehalten.
Eine Frage, die wir uns während des Neugestaltungsprozesses 2024 gestellt haben, war, ob es sinnvoll wäre, nicht nur das obere und untere Trigramm eines Hexagramms, sondern auch die beiden Kernzeichen mit passenden Piktogrammen zu versehen. Schließlich prallen in einem Hexagramm nicht einfach nur zwei Energien aufeinander, sondern das Hexagramm zeigt, wie sich das untere Trigramm in das obere verwandelt, ein Übergang , der in den beiden Kernzeichen stattfindet.
Am Ende entschieden wir uns jedoch dagegen, auch die Kernzeichen zu bebildern. Denn ein Hexagramm mit vier Piktogrammen (unteres Trigramm [beim Hexagramm 11 – der Friede wäre dies Qian, der Himmel], erstes Kernzeichen [Dui, der See], zweites Kernzeichen [Zhen, der Donner], oberes Trigramm [Kun, die Erde]) wäre visuell überladen und damit unübersichtlich geworden.
Als Gedankenstütze für fie interessierten Anwender von no2DO könnte man nun die Grundmatrix der Trigramme (siehe Interpretationsmodell) mit den Piktogrammen zu bebildern:
Daraus ergibt sich für das Hexagramm 11 – der Friede folgende Darstellung:
Quellenverzeichnis
— Zimmermann, Georg. 2007. I Ging – Das Buch der Wandlungen. Düsseldorf: Patmos.
Wir haben weiter oben gesehen, dass die Hexagramme mit denen uns das I Ging antwortet, Mitteilungen unseres Unbewussten an unser Tagesbewusstsein sind. Das klingt erst einmal schön. In der Praxis zeigt sich dann aber schnell, wie schwierig das ist: Wie ist der Sinn dieser Antwort des I Ging auf die eigene, bei der Befragung formulierte Frage zu verstehen? Und wie kann man mit diesen Antworten arbeiten bzw. sie konkret umsetzen?
Auf den Einzelseiten der Hexagramme (beispielsweise für das Hexagramm 11 – der Friede ) haben wir gesehen, wie die verschiedenen Interpretationen bei östlichen Konzepten beginnen, sich aber dann von dort aus sukzessive weiterbewegen. Wenn man diesem Ansatz folgt und das Hexagramm nun noch stärker aus westlicher Sicht deuten möchte, bietet die philosophische Anthropologie hierfür einen guten Rahmen.
„Ich, ich, ganz ich!“ – Wie ist das so, wenn ich plötzlich, ganz für mich, im Zentrum stehe, unabgelenkt von den den Stimmen der Anderen? Ist es wirklich still? Oder sind die Stimmen der Anderen weiterhin in meinem Kopf und ich führe Verteidigungsreden vor Abwesenden? Eine interessante Beobachtung: ich rechtfertige mich… weil ich nicht so bin, wie ich glaube, dass sie es erwarten? Aber, das zum Trost: Erkennen allein ist bereits Teil der Heilung.
Normalerweise agieren wir, wir tun Dinge, wir handeln. Vertrauensvolles Annehmen ist meist eine eher ungewohnte Übung. Hexagramm02 – das Empfangende lädt uns ein, dem Prozess, dem natürlichen Lauf der Dinge, zu vertrauen. Und uns währenddessen in gründlicher Bestandsaufnahme zu üben: Wo genau befinde ich mich? Was habe ich bereits erreicht? Wie sicher ist mein eigener Stand? Über welche Ressourcen verfüge ich? Was trägt mich, was hält mich? Was will ich?
Hexagramm04 – die Jugendtorheit ist glücksverheißend. Das Urteil besagt: „Jugendtorheit hat Gelingen…“ Aber das gilt nur, solange wir uns unvoreingenommen dem DAO, dem Lauf der Welt, hingeben, anstatt einen bestimmten Weg zu erzwingen. Oder anstatt, wie meist üblich, an unseren Autopiloten zu übergeben: unbewusste Steuermechanismen und automatisierte Handlungsmuster, die vielleicht vor langer Zeit Gültigkeit hatten, die aber hier und heute bedeutungslos sind.
„Ich, ich, ganz ich!“ – Nein, keine Egotrip, sondern: Ich bin bei mir, ganz eins mit mir selbst, bin vollständig zentriert… Alles klar? OK, also, noch einmal: Ich, ich, ganz ich, vollkommen ruhig, in mir verwurzelt und wende mich von hier und jetzt aus… der Welt zu.
Was für eine Vielzahl an Möglichkeiten! Wie in aller Welt soll ich wählen? Was ist richtig, wichtig, was überflüssig? Meinen Kopf kann mir helfen, einige dieser Fragen zu klären: Was entspricht mir? Was lenkt mich vom Weg ab? Einige Fälle bleiben dennoch unentscheidbar, sie liegen außerhalb der Reichweite meines Intellekts: Ich kenne einfach nicht alle Fakten.
Hexagramm6 – der Streit scheint ein eher unbeliebtestes Hexagramme zu sein, denn lange Zeit erhielt ich keinerlei Rückmeldungen zu dieser Antwort den I Ging. Jetzt hat sich das Blatt gewendet und ich habe einige Fragestellungen zugesandt bekommen.
Ich habe dieser Tage – und gerade als mich diese letzte Anfrage der u. g. Liste erreicht – über den Aktualisierungsprozess unseres Selbst nachgedacht. Unser Selbst, das-was-wir-sind, ist ein dynamische Prozess, der sich beständig fortentwickelt, fortschreitet, „aktualisiert“, und dabei unsere Ziele, unsere Wünsche und Vorhaben mit den Realitäten des Lebens in Einklang bringt. Aber machen wir es erst einmal konkret. Hier verschiedene Fragestellungen, die mich zum I Ging erreichten:
Fragestellungen
Drei Anfragen haben mich bisher um Hexagramm07 – Das Heer erreicht:
Ein Nutzer fragt: „Wo sind meine Grenzen?“ Die Antwort des I Gings lautet 08 – Zusammenhalten.
Eine Nutzerin fragt: „Was passiert, wenn ich den Lizenzvertrag jetzt unterschreibe?“
Ein Nutzer erhält das Hexagramm8 -Zusammenhalten auf seine Situation, die von großen physischen und psychischen Schmerzen geprägt ist.
Eine Nutzerin stellt dem I Ging folgende Frage: „Wie geht es mir, wenn ich dieses Haus kaufe und dort lebe?“ Den Hintergrund der Frage erläutert sie folgendermaßen: „Am Montag muss ich mich entscheiden, ob ich ein Haus kaufen will oder nicht. Und da das eine sehr weitreichende Entscheidung ist, befürchte ich, falsch zu wählen. Meine aktuelle Wohnsituation ist unangenehm geworden, seit unter mir ein 16-jähriger lebt, der von Freitagabend bis Sonntagabend Party macht. Ein Buch lesen oder meditieren ist schwierig geworden, der Versuch mit den Eltern zu sprechen ist fehlgeschlagen. Ich will nicht streiten, ich möchte einfach nur in Frieden leben.“
Ein Nutzer fragt: „Wie verhalte ich mich angesichts des derzeitigen Zeitgeist und meiner Lebenssituation sinnvoll?“
„Ich, ich, ganz ich!“ – Jetzt stehe erst einmal ich selbst im Zentrum: eins mit mir, zentriert, verwurzelt. Das ist der Ausgangspunkt. Und von hier aus wende ich mich – wenn ich mich bereit dazu fühle – der Welt zu.
Was für eine Vielzahl an Möglichkeiten stürmt da auf mich ein! Wie in aller Welt soll ich auswählen? Was ist richtig, was ist wichtig, was ist überflüssig? Wie soll ich die Wahl treffen?
Zwei Jobgeschichten erreichten mich dieser Tage. In beiden Situationen geht es um übergriffige Arbeitgeber. Im einen Fall werden zusätzliche (unentlohnte) Arbeitsstunden mit fadenscheiniger Begründung eingefordert, im anderen Fall zusätzliche Aufgaben übertragen, die Mehrarbeit erfordern, die dann aber nicht bezahlt wird. Der Kommentar des I Ging lautet in beiden Fällen 10 – das Auftreten.
„Ich, ich, ganz ich!“ – Habe ich diese Nachricht wirklich verstanden? Habe ich die feine, kleine, klare Stimme gehört… und ihre Nachricht, die sie, tief aus meinem Inneren, zu mir spricht? Hören wir noch einmal ganz genau hin: Was teilt sie mir da mit?
Wenn ich ehrlich bin, habe ich die Nachricht längst verstanden. Vielleicht wollte ich sie nur nicht wahrhaben? Habe gehofft, ich hätte mich getäuscht? Aber ich täuschte mich nicht. Die Stimme ist da, und ich habe ihre Mitteilung verstanden.
Hier und Jetzt… wo befinde ich mich eigentlich? Und: was habe ich schon alles erreicht? Was habe ich erlebt, was hat mich hierher geführt, welche Abenteuer habe ich bestanden? Das sind die Fragen, die dieses Hexagramm stellt – und nicht: Wo will ich jetzt hin?
Unsere geistige Klarheit, unser Vermögen, Wichtiges von Unwichtigem zu unterscheiden, ist Dreh- und Angelpunkt des Hexagramms. Sie erlaubt es uns, eine Situation und die verschiedenen Aspekte, aus denen sie besteht, zu analysieren: Welche Optionen habe ich in dieser Situation? Welche dieser Handlungsmöglichkeiten soll ich wählen, um das günstigste Ergebnis zu erzielen? Wer oder was hilft mir weiter und gibt mir Stärke, fördert mich und lässt mich wachsen? Was führt mich langfristig in eine Sackgasse? Manchmal reicht es tatsächlich aus, einfach nur geistige Klarheit zu haben. Manchmal müssen wir aber auch handeln, bis die Situation sich entwickelt und Eigendynamik entfaltet.
„Ich, ich, ganz ich!“ – Nein, das ist kein Egotrip. Es bedeutet ganz einfach, bei mir selbst zu sein. Zu wissen, wer ich tief in meinem Inneren wirklich bin. Ruhig und zufrieden dazusitzen, still in mich hineinlächelnd, wie ein… Buddha.
Um mich dann, mit großer, inneren Ruhe, gut verwurzelt, der Welt zuzuwenden. Dieser Welt, die da unaufhörlich in ihrer ganzen Fülle auf mich einstürmt. Mich berührt, mich inspiriert, mich bereichert, bedrängt… Was für eine Vielfalt – und was für ein Chaos!
Ein Nutzer ist sehr erschöpft von der Situation, in der er gerade steckt: viel (kreatives) Chaos, viele Baustellen, alles ist sehr anstrengend. Er weiß, dass er allerlei loslassen sollte, aber er weiß gar nicht, wo er damit anfangen soll. Er fragt das I Ging um Rat und erhält als Antwort Hexagramm15 – die Bescheidenheit.
Nach einem Telefonat mit ihrem Mann bekam eine Nutzerin Magenkrämpfe und Erbrechen. Und plötzlich hatte sie die Antwort im Kopf: „Du musst dich scheiden lassen.“ Seither fühlt sie eine große innere Ruhe, Zufriedenheit – und keinerlei Groll. Als sie später das I Ging befragt lautet die Antwort Hexagramm 15 – die Bescheidenheit.
„Woher kommt das Gift in meinem Leben?“, fragt ein Nutzer. „Kommt es von außen oder von innen? Was ist die Quelle meiner Blockaden – und was ist es, was mir am Ende immer ein Bein stellt?“
Etwas Neues bricht sich entschlossen und machtvoll Bahn und transformiert die gesamte Situation. Dieser Neubeginn hat jedoch auch einen Preis: wir müssen Veraltetes, Obsoletes, alte Muster loslassen und auflösen – auch wenn sie uns gewohnt und vertraut sind und uns das Loslassen erst einmal schwer fällt. Vielleicht hilft dieses Bild: ein Baum, der altes Blattwerk abwirft, sich bereit macht für einen neuen Jahreszyklus; das alte Laub wird ihm als Dünger für neues Wachstum dienen. Diesen Dünger, der durch Loslassen entsteht, brauchen auch wir: für unser vorwärts drängendes Wachstum, das sich schon bald mit der Welt verweben, im Geben und Nehmen mit ihr schwingen wird.
Ist in dieser Sache der Wurm drin? Wenn ja: welcher? Eine dynamische Entwicklung endet unvermutet mit einen Realitätscheck – warum? Eigendynamik, Momentum sind eigentlich positiv. Unangenehm wird es, wenn der Autopilot die Kontrolle übernimmt. Autopilot entsteht, wenn die Dynamik einer Situation nicht länger aus unserem eigenen Inneren kommt, sondern durch Fremdprägung bestimmt ist. Ein Realitätscheck ist da ganz heilsam: Will ich das, was momentan läuft, tatsächlich? Macht es Sinn? Entspricht es meinem Inneren – oder ist es Abbild eines fremden Lebens? Die Beantwortung dieser Fragen wird eine Entscheidung nach sich ziehen. Und wahrscheinlich muss man auch etwas loslassen: den Autopiloten, der bis vorhin noch gesteuert hat vielleicht?
Wir öffnen uns dem Außen – und lassen uns inspirieren… Gar nicht so einfach, wenn der Kopf voll ist. Also, noch einmal: wir öffnen uns, machen uns leer und nehmen wahr, unvoreingenommen, neugierig, ohne jedes Vorwissen. Wir hören genau hin, was möchte die Welt uns da mitteilen? Und plötzlich nehmen wir es wahr – und sind inspiriert! Befruchtet, genährt, erfrischt… verbunden mit dem, was uns vorher noch fremd, un-vertraut war. Aus dieser Berührung mit der Welt erwächst eine Entscheidung, der dann eine lange Phase des Wachsens und Materialisierens folgen wird. Vielleicht dauert es einige Zeit, bis wir Ergebnisse sehen. Aber wir müssen nichts tun. Nur vertrauen: unserer Inspiration, unserer Entscheidung.
Hier. Jetzt. In diesem Moment ist es klug, uns in unsere eigne Wurzel zurückzuziehen. Zurückzuziehen von der Welt. Den Blick nach innen zu wenden. Wie eine Pflanze, im Winter. Nichts tun. Diesen Moment gehört allein uns. Wir schöpfen Kraft. Wie eine Welle, die sich ins Meer zurückzieht und dort Energie zu sammelt. Und auch wenn es für die Außenstehenden so aussehen mag, als würden wir kapitulieren – wir kapitulieren nicht. Wir sammeln unsere Kraft. Wir konzentrieren unsere Kraft. Im Nicht-Tun (Wu Wei), werden wir mit allem versorgt, was wir in diesem Moment brauchen. Und lassen vielleicht noch ein paar alte, überflüssige Dinge / Gedanken / Haltungen fahren… bevor wir kraftvoll ins Leben zurückstürzen.
Meistens wenn wir Änderung wünschen, wenn wir eine Entscheidung treffen, denken wir, wir müssten jetzt etwas Neues tun, dem bereits Bestehenden etwas nie Dagewesenes hinzufügen.
Manchmal ist gerade das Gegenteil zielführend: nichts tun – und etwas loslassen. Vielleicht ein Selbstbild, eine Gewohnheit, den gewohnten Blick auf etwas, ein „schon immer“. Vielleicht auch unseren Impuls, jetzt mit der Faust auf den Tisch zu hauen und unseren Willen durchzuboxen.
Manchmal ist unser kühler Kopf die Rettung: wenn es drunter und drüber geht, wenn die Bauchgefühle verrückt spielen. Aber vielleicht spielen sie gar nicht verrückt, wir verstehen nur einfach nicht, was sie uns sagen wollen. Dann hilft der kühle Kopf – und weist dem Bauch den Weg. Lichtet das Dunkel. Beruhigt den Aufruhr.
Hier und Jetzt… wo genau befinde ich mich – und mit wem oder was teile ich dieses Hier-und-Jetzt?
Kun ist Nabelschau. Es ist die Aufforderung, uns an unseren eigene Ursprung als Quelle der Kraft zurückzuziehen. Und wie sieht es an diesem intimen Ort, unserer Quelle der Kraft, aus? Mag ich das, was ich da sehe? Gibt es mir Kraft – oder ist es lediglich eine Ansammlung von Dingen (oder Menschen, oder Optionen, oder, oder), die mir eine Illusion von Sicherheit vorgaukelt? Dinge geben keine Sicherheit. Und schlimmstenfalls vermüllen und blockieren sie sogar unser Leben.
Im dunklen Schoß der Erde passiert etwas: einer Entscheidung (Zhen) folgt eine lange Phase des Wachsens und Materialisierens (Kun) – auch wenn wir zunächst einmal nichts davon sehen. Ich weiß nicht, was schwieriger ist: die Entscheidung oder die Geduld.
Folgende Fragen bzw. Situationsbeschreibunge erreichten mich zum Hexagramm25 – die Unschuld:
Ein Nutzer schreibt: „Nach einem unschönen Ereignis vor ein paar Monaten befinde ich mich mehr oder weniger in einer Art Krise. Ich habe mein Leben im Griff und komme einigermaßen klar, emotional bin ich allerdings nach wie vor sehr mitgenommen. So gut es geht versuche ich seither zu verstehen, was da eigentlich passiert ist – auch, indem ich das I Ging befrage.“
Ein Nutzer fragt: „Bitte, sag mir, wie es mit X. und mir im neuen Jahr weitergeht!“
Eine Nutzern hat eine für sie sehr wichtigen Menschen auf skurrile Weise kennengelernt. Ihre Frage: „Wird es ein Wiedersehen geben? Bzw.: Was ist der Sinn?
„Ich, ich, ganz ich!“ – Ich stehe am Gipfel, ich habe etwas erreicht. Und jetzt? Für einen Moment ruhe ich mich noch aus, genieße die spektakuläre Aussicht. Aber dann? Ich stehe auf dem Gipfel, ich habe etwas erreicht, ich genieße die Aussicht… Was sehe ich? Weitere Gipfel, zu denen ich aufbrechen könnte. Um den Kreislauf der Welt von neuem beginnen zu lassen.
Zu Hexagramm27 – die Ernährung erreichten mich inzwischen verschiedene Nutzeranfragen:
Eine Nutzerin fragt: „Wie soll ich mich gegenüber einen Mann verhalten, den ich näher kennen lernen möchte?“
Eine weitere Nutzerin beschäftigt sich nun schon seit über einem Jahr mit ihren diversen „Baustellen“: Hausverkauf, Wohnungs- und Jobsuche, partnerschaftliche Neuorientierung. Sie fragt: „Was sollte und muss ich noch unternehmen?“ Sie leidet unter der Ungewissheit der Situation und trifft ständig auf Blockaden. Allmählich fühlt sie sich sehr erschöpft.
Die Zusammenarbeit mit einem selbstgefälligen und manipulativen Arbeitskollegen macht einer Nutzerin Mühe. Bisher konnte sie sich schützen und sich auf ihre Kernaufgabe im Job konzentrieren. Aber der Kollege funkt immer wider dazwischen. Sie will sich nicht auf Spielchen einlassen und auch nicht in ihr altes (Opfer-)Muster zurückfallen. Wie kann sie sich selbst treu bleiben und erreichen, dass ihre Arbeit respektiert und geachtet wird?